Verkehrsplanung für Radfahrer soll sich verbessern – Technische Universität Dresden präsentiert Simulationsmodell

Stefan Huber stellt das Simulationsprogramm "bikeSim" vor

Wenn es um Verkehrsplanungen geht, dann meist um Bahn und Auto. Radfahrer kommen oft zu kurz. Doch die Technische Universität Dresden hat jetzt ein ganzes Computermodell erstellt, mit dem Städte und Landkreise Radrouten planen können. Mit diesem Modell lässt sich simulieren, wie Radfahrer ihre regelmäßigen Routen ändern, wenn sich die Stadt verändert. Für MDR Aktuell habe ich mir den den Prototyp erklären lassen.

Der Radfahrspezialist an der TU Dresden heißt Stefan Huber. Er und sein Team stehen hinter dem Projekt „bikeSim“. Das sagt voraus, wie sich die Routen der Radfahrer verändern werden, wenn zum Beispiel Fahrradwege gebaut oder Straßen für den Autoverkehr geschlossen werden. Wie das genau geht, zeigt Stefan Huber am Beispiel der sächsischen Landeshauptstadt, für die dieser Prototyp auf einem ganz normalen Bürocomputer läuft.

Ich mach das jetzt mal beispielhaft an der Augustusbrücke in Dresden. Die ist derzeit im Umbau. Jetzt kann man hier verschiedene Eigenschaften und Einflussfaktoren ändern. Îch würde diese Brücke jetzt mal sehr attraktiv machen. Wir sagen, wir haben jetzt hier einen separat geführten Radweg anstelle des Mischverkehrs, die Oberflächenbeschaffenheit machen wir sehr gut und auch die Qualität. Speichern das ab und starten die Simulation.

Stefan Huber, Technische Universität Dresden

Wenige Sekunden später ändert sich der Computerbildschirm. Die Augustusbrücke zeigt eine dicke grüne Linie, hier fahren laut Simulation künftig wesentlich mehr Radfahrer. Ganz anders die drei benachbarten Brücken über die Elbe innerhalb der Dresdner Innenstadt: Sie zeigen schmale rote Linien, denn sie alle werden weniger attraktiv für Radfahrer. Man erkennt auch weitere Auswirkungen im Stadtgebiet, denn die Zufahrtswege zur Brücke zwischen Schloss und Semperoper und im Norden durch die Neustadt ändern sich deutlich.

Stefan Huber stellt das Simulationsprogramm "bikeSim" vor
Stefan Huber stellt das Simulationsprogramm „bikeSim“ vor

Für Stadtplaner ist diese Simulation exzellent. Sie brauchen nur Werte an einzelnen Abschnitten verändern, wie den Straßenbelag, die Spurführung, die Höchstgeschwindigkeit für den Autoverkehr oder aber die Form der Straßenüberquerung. In Sekunden wissen sie, was das für Radfahrer bedeutet. Und das mit einer sehr hohen Trefferquote, sagt Stefan Huber:

Wir haben in Summe ein wirklich gutes Modell mit einer Genauigkeit von 88,6 Prozent.

Stefan Huber, Technische Universität Dresden

Für den Prototyp des Programms haben die Dresdner Forscher auf bereits vorhandene Daten von Radtouren zurückgegriffen, die mit Hilfe von Smartphones und Satelliten-Daten aufgezeichnet wurden, erklärt Stefan Huber:

Das war eine relativ breit angelegte Erhebung im Mai/Juni 2018, wo wir über 5.000 GPS-Tracks von rund 200 Probanden sammeln konnten, und die Probanden waren auch repräsentativ ausgewählt anhand unterschiedlicher Kriterien,  wie Alter, Geschlecht und so weiter.

Stefan Huber, Technische Universität Dresden

Diese Daten wurden mit öffentlich vorhanden Straßenkarten des Internetangebots Open Street Maps abgeglichen, aus dem auch die Wegequalität, Informationen über Ampeln, Radwege, Schienen, über Landschaft und vieles mehr hervorgehen. Diese Datensätze verglichen die Dresdner Wissenschaftler nun mit den möglichen Alternativrouten und kamen so darauf, nach welchen Kriterien die Radfahrer ihre Routen gestalten.

Der Prototyp lässt sich erweitern, in dem die Datenbasis um andere Bundesländer oder auch einzelne Städte ergänzt wird. Das wiederum ist relativ simpel möglich, weil auf frei verfügbares Kartenmaterial zurückgegriffen werden kann und keine spezielle Programmiererausbildung notwendig ist, um das Programm „bikeSim“ zu nutzen.

So sind bei der digitalen Abschlusspräsentation auch viele Straßenbauer aus den alten Bundesländern dabei.

Stefan Huber zieht eine positive Bilanz des Projektes „bikeSim“:

Das ist sozusagen der Prototyp, den wir jetzt erst einmal umgesetzt haben. Und ich finde, damit kann man auch sehr zufrieden sein.

Stefan Huber, Technische Universität Dresden

Seit November 2019 wurde geforscht und programmiert. Insgesamt flossen knapp 107.000 Euro in das Projekt der TU Dresden. 80 Prozent davon kamen vom Bundesverkehrsministerium.