Wie kann die Politik wieder ihre Wähler finden?

Ein Seiteneinsteiger, der bislang kein politisches Amt hat, wird mächtigster Mann der Welt. Spätestens nach dem Wahlerfolg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen stellt sich wohl jeder Abgeordnete die Frage „Laufen uns die Wähler davon?“ Für das ARD-Hauptstadtstudio wollte ich wissen, was die Politiker in Berlin besser machen können, um wieder auf die Wähler zuzugehen.

Für Klaus Wowereit ist es einfach Ratschläge zu verteilen, denn der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin muss kein Amt mehr verteidigen. Der SPD-Politiker gab im RBB-InfoRadio einen simplen Tipp, wie die Politik wieder an Wähler kommen:

Eine Antwort kann sein, die großen Probleme anzupacken und dafür Mehrheiten zu finden.

Ähnlich sieht es auch der Politikwissenschaftler Carsten Koschmieder von der Freien Universität Berlin. Es seien genug wirkliche Probleme vorhanden, die gelöst werden müssten. Er empfiehlt den Politikern deshalb…

… weniger darüber zu reden, ob Flüchtlinge sich integrieren oder eine Burka tragen, sondern die sozialen Probleme in der Mittelpunkt stellen und sagen: „Ok, wir sehen folgende soziale Probleme, die gehen wir an. Wir haben diese und diese Vorschläge.“ Und dann können die Parteien, die demokratischen Parteien, sich ja unterscheiden in ihren Vorschlägen. Aber, dass man eben konkret über diese Vorschläge diskutiert und nicht darüber: „Ja, die AfD ist gegen Ausländer, wir sollten jetzt auch was gegen Ausländer machern. Und die AfD will folgendes, deswegen müssen wir auf diese Tehem der AfD reagieren.“ Ich glaube, das ist ein Fehler, weil dadurch am Ende nur die Themen der AfD wieder im Mittelpunkt stehen.

Und auch die AfD hat aus dem Wahlkampf in den USA Lehren gezogen, erklärt deren Chefin Frauke Petry bei MDR Aktuell:

Ich denk, das, was wir in Amerika gesehen haben, war schon rhetorisch und verbal oftmals von beiden Seiten unter der Gürtellinie. Ich bin da sehr dafür, auch ein Schritt zurück zu gehen, und zu sehen, was wir hier uns als Politiker gegenseitig an den Kopf werfen. Ich wünschte mir da auch mehr Sachlichkeit.

Mehr Sachlichkeit – ein wichtiger Punkt, den auch der Politikwissenschaftler Carsten Koschmieder betont. Doch es gehöre noch mehr dazu, nämlich das richtige Personal, was die Wähler wirklich überzeugen kann.

Charismatische Politiker sind natürlich für jede Partei wichtig. Und die Frage ist aber: „Was wird als charismatisch wahrgenommen?“ Das kann man ja nicht so einfach sagen. Also beispielsweise Angela Merkel oder Olaf Scholz, die sind jetzt nicht eher Bierzeltredner, sondern die arbeiten ganz praktisch und krempeln die Ärmel hoch und tun was. Und das kommt sehr gut an bei den entsprechenden Wählerinnen. Andere Politikerinnen können sehr gut reden, reißen die Leute mit und sind dann dafür beliebt. Es gibt ganz unterschiedliche Typen. Die Frage ist einfach nur: Finden die Parteien jemanden, der im Wahlkampf sein Charisma gut rüberbringt und mit den Positionen der Partei verbindet.

Letzteres sei besonders wichtig. Carsten Koschmieder erinnert an den ehemaligen Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Er sei bei der Bevölkerung zwar gut angekommen, nur nicht bei den tatsächlichen sozialdemokratischen Wählern, und deshalb gescheitert. Doch der Politikwissenschaftler denkt positiv:

Die Politik – in Anführungszeichen – kann tatsächlich noch etwas tun. Und es ist natürlich eine schwierige Aufgabe, das glaubwürdig, gleichzeitig auch solide durchgerechnet, finanziert usw., aber auch glaubwürdig und so einfach oder so verständlich, dass es im Wahlkampf auch gut vermittelbar ist, mit einer kompetenten, glaubwürdigen, charismatischen Persönlichkeit verbunden rüberzubringen. Da ist aber eben das Kerngeschäft von Politik.

Also zurück zu den Wurzeln der Politik, das ist die Empfehlung des Politikwissenschaftlers.