Heute vor genau einem Jahr trat die Datenschutzgrundverordnung in der Europäischen Union in Kraft. Die Stiftung Datenschutz aus Leipzig hatte deshalb gestern führende Datenschützer in Berlin zusammengebracht. Sie diskutierten heftig und zogen durchaus sehr unterschiedliche Bilanzen. Darüber berichtete ich für MDR Aktuell.
Das Bundesinnenministerium schickte den Staatssekretär und sächsischen CDU-Bundestagsabgeordneten Marco Wanderwitz.
Die Datenschutzgrundverordnung hat uns entgegen hysterischer Rufe nicht ins Chaos gestürzt. Anfängliche Verwirrungen basierten weitgehend entweder auf Unkenntnis des bisherigen Rechtslage oder unbegründeten Ängsten.
Marco Wanderwitz,
Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium
Grundsätzlich sieht das auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber so. Allerdings ist der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete etwas zurückhaltender, wenn es um die Bewertung der Datenschutzgrundverordnung geht:
Ulrich Kelber, Bundesdatenschutzbeauftragter
Sie ist nicht perfekt. Aber sie schafft eine gemeinsame Grundlage für ein europäisches Datenschutzrecht. Sie stärkt die betroffenen Rechte über Kontrolle, über Transparenz bei der Datenverarbeitung.
Europäische Datenschutzregeln könnten sogar zu einem Alleinstellungsmerkmal auf dem Weltmarkt werden, meint der Bundesdatenschutzbeauftragte.
Dass sie vielleicht Innovationsmotor sind, wenn man sie wirklich von Anfang an mitdenkt, dann sind sie nämlich kein Kostenfaktor, sondern man entwickelt seine Produkte und Dienstleistungen und hat dann ein Alleinstellungsmerkmal gegen andere, die diese Glaubwürdigkeit in ihren Produkten nicht haben.
Ulrich Kelber, Bundesdatenschutzbeauftragter
Da widerspricht der Datenschutzfachmann und Rechtsanwalt Lothar Determann. In Hessen geboren lebt er seit vielen Jahren in Palo Alto, der Stadt in Kalifornien, wo die meisten Internet-Giganten und Start ups herkommen.
Aus unserer Sicht in den USA sagen wir, das Datenschutzrecht hat in Europa bisher nicht dazu geführt, das hier Dienste oder Produkte grundsätzlich anders aussehen, sondern nur dazu, dass die hauptsächlich von amerikanischen und asiatischen Unternehmen angeboten werden.
Lothar Determann, Rechtsanwalt
Determann schildert mit wenigen Worten, womit die Unternehmen in Palo Alto vorangekommen sind und wo sich die US-Sicht von der europäischen unterscheidet.
Daten sind Informationen. Und Menschen fällen bessere Entscheidungen, wenn sie informiert sind. Wir machen intelligentere Entscheidungen, Produkte, Vorhersagen, wenn wir genug Daten haben. Daten abgreifen an sich ist nichts Schlechtes. Niemand wird dadurch geschädigt, dass Daten über ihn erhoben werden.
Lothar Determann, Rechtsanwalt
Deshalb kommt der deutsch-kalifornische Jurist zur Überzeugung, das bisherige Prinzip der Datenminimierung sei veraltet. Das sei nicht ganz so, meint der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber:
…weil Datenminimierung ja nicht Datenarmut heißt. Datenminimierung meint: Dich gehen nur die Daten etwas an, die du für das jetzt brauchst. Was ich mit meinen anderen Daten mache, entscheide ich. Ich würde beispielsweise bestimmte Einwilligungen für medizinische Forschung unterschreiben. Dann, wenn ich denen vertraue.
Ulrich Kelber, Bundesdatenschutzbeauftragter
Bei der Diskussion zeichnete sich ab, dass Datenschutz in Deutschland nicht mehr das Löschen von Daten bedeutet, wie es Jahre lang der Fall war. Es geht vielmehr um den Schutz vor möglichen negativen Folgen für Betroffenen.