Die Datenschutzgrundverordnung DSGVO gilt seit weit über einem Jahr. Doch wie kann man unter den heutigen Datenschutzbestimmungen bei öffentlichen Veranstaltungen noch Fotos machen? Und auf was muss man achten? Für MDR Aktuell habe ich mich auf die Suche nach Antworten gemacht.
Für den Kölner Medienrechtsanwalt Christian Solmecke ist es klar: Jeder, der ein Foto aufnimmt, muss sich auch um den Datenschutz kümmern.
In dem Moment, wo ich Fotos von Menschen anfertige, verarbeite ich auch personenbezogene Daten, nämlich in aller Regel das Gesicht dieser Menschen. Und nach den Datenschutzgesetzen muss man dann die Menschen darüber informieren, was passiert mit diesem Foto? Wie lange wird es gespeichert? Wann wird es wieder gelöscht?
Christian Solmecke, Medienrechtsanwalt
Das sei in der Datenschutzgrundverordnung, der DSGVO, geregelt.
Allerdings ist es derzeit so, dass die Informationspflichten, die für Fotografen bestehen, so dermaßen weit sind das, die in der Praxis quasi keiner einhalten kann.
Christian Solmecke, Medienrechtsanwalt
Streng genommen müsste jede Person, die auf der Aufnahme erscheint, darüber informiert werden. Das scheint selbst für den Thüringer Landesdatenschutzbeauftragten Lutz Hasse unrealistisch:
Es gibt in der Juristerei so einen Spruch: „Factum clarum, iust nebulosum-.“ Ein ganz klarer Sachverhalt, aber das Recht ist hier ein bisschen kompliziert.
Lutz Hasse, Landesdatenschutzbeauftragter Thüringen
Zunächst gelte, so Lutz Hasse: Fotos für familiäre und private Zwecke fallen gar nicht unter die Datenschutzgrundverodnung – allerdings nur, wenn man im privaten Umfeld bleibe. Das sei auf dem Schulgelände nicht mehr der Fall. Deshalb gelte dort die Datenschutzgrundverordnung. Eltern und Verwandte hätten aber das notwendige Interesse, die Schulanfänger zu filmen und aufzunehmen. Dieses Interesse sei die juristische Voraussetzung für eine erlaubte Datenspeicherung. Doch könnten nun nicht die Interessen derer überwiegen, die nicht aufgenommen werden wollen? Lutz Hasse:
Die überwiegen nicht, wenn derjenige, der zu solch einer Veranstaltung geht, erwarten musste, dass er aufgenommen wird. Ich denke, das kann man bei einer solch einer Schulveranstaltung sagen.
Lutz Hasse, Landesdatenschutzbeauftragter Thüringen
Damit sich auch die Menschen wohl fühlen, die nicht aufgenommen werden wollen, hat Thüringer Datenschutzbeauftragte einen Tipp:
Habe ich selber auch so praktiziert, dass bei größeren Veranstaltungen ich gesagt habe: Dieser Bereich dort, da wird bitte nicht gefilmt, und wer das möchte, dass er nicht gefilmt wird, setzt sich bitte dort hin.
Lutz Hasse, Landesdatenschutzbeauftragter Thüringen
Damit könne man auch das Problem lösen, dass man für eine Veröffentlichung der Aufnahmen unabhängig vom Datenschutz die Erlaubnis der gezeigten Personen brauche. Doch was ist nun mit der Dokumentationspflicht gegenüber allen, die auf den Fotos erscheinen? Dafür nennt der Thüringer Datenschutzbeauftragten Lutz Hasse mit verschmitztem Lächeln einen weiteren juristischen Trick:
Ich müsste ja, um die Aufgenommenen zu informieren, deren Identität und deren Daten erstmal erheben. Da sagt die Datenschutzgrundverordnung: Wenn ich erst Daten erheben muss, um dann meiner Informationspflicht zu genügen, dann kann ich auf die Information verzichten.
Lutz Hasse, Landesdatenschutzbeauftragter Thüringen
Also zusammengefasst: Das Fotografieren auf der Schulveranstaltung ist erlaubt. Man sollte Platz für diejenigen finden, die nicht aufgenommen werden wollen. Und die eigentlich vorgesehene Informationspflicht über die Speicherung der Fotos entfällt.