In diesem Beitrag blicke ich nach Riesa – dort kam ein eigentlich abgebautes Werk nach Jahren wieder zurück in die Stadt.
Der 30. April 1949 ist für Riesa und für die damalige Sowjetische Besatzungszone ein ganz besonderer Tag – wem man das zu verdanken hat, das zeigt die musikalische Auswahl.
(Sowjetische Hymne)
Nach der sowjetischen Hymne kommt der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Wirtschaftskommission, Fritz Selbmann, zu Wort. Diese Kommission hat fast den Rang einer Regierung in der Sowjetischen Besatzungszone. Selbmann jubelt, denn Moskau hat ein Walzwerk nach Riesa geschickt.
Fritz Selbmann weiß, wie er Arbeiter anfeuern kann. Denn diese Sorgen, nicht mehr produzieren und arbeiten zu können, waren ausgerechnet durch die sowjetische Politik der Reparationszahlungen nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden. Der Berliner Wirtschaftshistoriker Rainer Karlsch ist heute einer der besten Experten auf diesem Gebiet.Wenn heute die Meldung in die Zone hinausgeht, dass Riesa wieder Rohre walzt, so bedeutet das für alle Industriewerke unserer Zone, eine freudige Überraschung, die ihnen die größten Sorgen, die sie haben, abnimmt.
Nahezu die gesamte Eisen- und Stahlindustrie in der Sowjetischen Besatzungszone ist 1945/46 demontiert worden. Das bedeutete aber, dass diese Wirtschaft auf kurz oder lang nicht mehr lebensfähig war.
Deshalb habe sich die Sowjetunion zu einer Kehrtwende der Reparations-Politik in ihrer Zone entschieden.
Es wurde der Wiederaufbau der Eisen- und Stahlindustrie zugelassen. Und in diesem Zusammenhang sind auch einzelne, bereits demontierte Walzstraßen, aus der UdSSR wieder zurückgegeben worden in deutsche Hände. So ist das in Riesa geschehen.
Zurück nach Riesa in den April 1949: Dieser Tag ist nicht der Tag der Kritik. Schon gar nicht für den Aktivisten Lindner – so wird er von seinem Vorredner Fritz Selbmann vorgestellt. Er war einer der Arbeiter, die die aus der Sowjetunion zurückgekommenen Teile wieder aufbauen durfte.
Die Arbeiterschaft des Stalin-Walzwerkes Riesa dankt der Sozialistischen Sowjetunion für ihre großzügige Hilfe, wie sie unserer Zone durch Überlassung des Rohrwerkes erwiesen hat.
Das wiederaufgebaute Werk existiert übrigens bis 1991 weiter. Dann werden die alten Gebäude abgerissen und kleiner, aber moderner durch einen italienischen Investor wieder aufgebaut.