Ich verstehe die Absage der Demonstration durch Leipzigs Oberbürgermeister. Ich verstehe allerdings nicht, dass die sächsische Staatregierung der Stadt mehr Polizisten verwehrt und gleichzeitig das Verbot der Legida-Demonstration kritisiert.
Doch ganz von Anfang an.
Demonstrationen sind in Deutschland grundsätzlich erlaubt. Daran führt kein Weg vorbei. Artikel 8 des Grundgesetzes ist eindeutig.
„Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln“, heißt es da.
Allerdings lässt der nächste Absatz des Artikels zu, dieses Recht unter bestimmten Umständen zu beschränken. Das macht in Sachsen das Versammlungsrecht. Darin heißt es unter anderem:
„Die zuständige Behörde kann die Versammlung … verbieten …, wenn … die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung … unmittelbar gefährdet ist.“
Und genau das sagt die Polizei in Leipzig. Die Sicherheit der Stadt sei gefährdet, wenn nur 1.000 Polizisten im Einsatz sind. Und die Polizei vor Ort muss es wissen, denn beim letzten Mal konnten doppelt so viel Polizisten Krawalle und Anschläge nicht verhindern.
Es ist nur folgerichtig, dass Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung
daraufhin die Legida-Demonstration verbot. Ein Hilferuf an das sächsische Innenministerium hatte zuvor keinen Erfolg gehabt. Gegen den Rat der Polizisten vor Ort blieb es dabei: Insgesamt 1.000 Einsatzkräfte seien genug.
Auch wenn es unlogisch klingt: Es ist genauso folgerichtig, dass die verbliebenen und in der Reihenfolge zuerst angemeldeten Gegen-Demonstrationen in Leipzig weiter stattfinden dürfen. Denn für diese reichen nach Einschätzung der Polizei 1.000 Beamte. Und damit greift automatisch wieder der Grundgesetz-Artikel 8: Friedlich und ohne Waffen darf demonstriert werden.
Oberbürgermister Burkhard Jung hat bei beiden Entscheidungen richtig gehandelt.
Umso erschreckender ist für mich die Reaktion aus der Landeshauptstadt: Innenminister Markus Ulbig verweigert zunächst zusätzliche Einsatzkräfte für Leipzig. Und dann bezeichnet sein Ministerium die Absage der Legida-Demonstration als nicht gerechtfertigt – obwohl die Polizei vor Ort Sicherheitsbedenken hat.
Das ist nicht ok.
Vor drei Wochen sah es der Freistaat übrigens noch ganz anders: Damals war die Pegida-Demonstration in Dresden abgesagt worden – auch damals konnte die Sicherheit nicht mehr gewährleistet werden. Die Absage nach Anschlagsdrohungen erfolgte mit Zustimmung des Freistaates.
Wenn die Anzahl der Polizisten nicht mehr ausreicht, um die Grundrechte in Sachsen zu schützen, ist das ein Armutszeugnis für Sachsen – aber nicht für die Städte, die auf die Höhe der Polizeikräfte nur bedingten Einfluss haben, trotzdem aber die Sicherheit garantieren müssen.
Sachsens Innenminister Ulbig, der demnächst gern selbst Oberbürgermeister werden will – allerdings von Dresden -, sollte das bei den Entscheidungen und Kommentaren aus seinem Haus berücksichtigen.