Kommentar zum kino.to-Urteil

MDR INFO, 14.06.12

Der Gründer des illegalen Internetfilmportals kino.to ist am Mittag vom Landgericht Leipzig zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Über sein Portal konnte man sich Kinofilme ansehen, ohne dafür zu Bezahlen. Für MDR INFO kommentierte ich das Thema.
Vom Fußbodenleger zum Millionär  – das ist der Stoff, aus dem Filme sind. Er hatte die richtige Idee. Er hatte das richtige Wissen. Er erkannte eine Marktlücke. Und er hatte Mitmacher und – Kunden. Nur: Er vergaß, dass andere schon vorher gearbeitet hatten und dafür auch Geld wollten – und das zu recht.
Und so kam, was kommen musste: der Absturz. Vom Millionär zum Häftling.
Viereinhalb Jahre Haft und eine Zahlung von 3,7 Millionen Euro in die Staatskasse – „abgeschöpft“ wird damit sein Gewinn, wie es offiziell heißt. Dieses Urteil ist wichtig und auch gerechtfertigt. Es zeigt: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, wie oft kritisiert wird.
Doch das ganze Verfahren zeigt auch, dass Untersuchungsbehörden und Gesetzgebung den aktuellen Möglichkeiten der Technik hinterherhinken. 1,1 Millionen Einzelfälle hatte die Staatsanwaltschaft vorgebracht.
Nicht ohne Grund verweist der Verteidiger heute darauf, dass sein Mandant mit seinem Geständnis jahrelange Ermittlungsarbeit unnötig gemacht hat. Auch der Leipziger Richter betont das. Und er macht Zugeständnisse: Der Haftbefehl wird gegen Meldeauflagen außer Vollzug gesetzt. Außerdem darf die Strafe im offenen Vollzug abgesessen werden. Und noch etwas: 50-tausend illegal erwobene Euro kann der Angeklagte behalten, damit seine Resozialisierung nach der Haft gelingt.
All das ist ein sogenannter Deal – ein Tauschhandel -, der rechtlich möglich und sauber ist. „Sag Du mir alles, dann wird Deine Strafe nicht so hoch“ – so lautet das Motto.
Das mag ungerecht klingen. Doch durch das Geständnis und die Weitergabe von Hintergrund-Informationen durch den Angeklagten konnte kino.to gestoppt werden. Zum Verständnis: 135-tausend zum Teil topaktuelle Filme konnten hier kostenfrei angesehen werden. Der Angeklagte verdiente an den Werbeanzeigen.
Hauptsächlich Jugendliche schauten sich die Filme an. Gucken  ohne zu zahlen wurde das Motto einer ganzen Generation. Ich selbst habe mit meinem Sohn häufif darüber diskutiert, ob das Gucken dieser Filme illegal oder legal ist – wie viele andere Eltern wohl auch.
Rechtlich ist das noch nicht endgültig entschieden, denn nur gegen die Macher von kino.to lief ein Verfahren. Aber moralisch gesehen ist das Diebstahl, denn Filme zu erstellen kostet Geld, und das muss durch den Verkauf an der Kinokasse oder durch DVDs wieder hereinkommen.
Aber kino.to hat eine Geschäftsidee entwickelt, die nun auch legal ist. Es gibt inzwischen Kino im Internet – aber nur, wenn man dafür auch bezahlt.
Schließlich hat es der kino.to-Gründer auch nicht umsonst gemacht. Er gönnte sich von seinen Werbe-Einnahmen bis zur Festnahme vor einem Jahr ein luxuriöses Leben in Spanien.
(c) Michael Voß, www.michael-voss.de

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