Erste Studie zum E-Commerce in Mitteldeutschland

MDR INFO, 14.11.12
Mitteldeutschland und der Internethandel – ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Dachte man bislang. Doch eine heute in Leipzig veröffentlichte Studie zeigt, dass es hier großes Wachstumspotential gibt. Das ist gut, vor allem auch für mehr Arbeitsplätze in der Region.

Internethandel, im Fachjargon E-Commerce genannt,  ist zwar allgegenwärtig, doch vor Ort wird er kaum wahrgenommen. Kein Wunder, denn der Händler sitzt ja im Internet. Und doch ist gerade in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt erhebliches Wachstumspotential. Das ist zumindest das Ergebnis der ersten Studie zum E-Commerce in Mitteldeutschland. Jörn-Heinrich Tobaben, Geschäftsführer der Wirtschaftsinitiative für Mitteldeutschland und einer der Auftraggeber der Studie schwärmt geradezu.

Ein spannendes Ergebnis der Studie war eigentlich: Da formiert sich eine Branche. Und wir stehen im Lebenszyklus ganz am Anfang. Es sind viele kleine Akteure da, die in der Region gar nicht bekannt sind, weil sie als Einzelunternehmen nicht bekannt sein müssen. Der klassische Online-Händler, der vielleicht mit Kontaktlinsen in Halle handelt, der muss nicht prinzipiell in Görlitz und Bautzen bekannt sein. Der hat seinen Markt in ganz Deutschland.

Für die nächsten zwei Jahre rechnet gut ein Drittel der befragten Unternehmen mit zusätzlichen Arbeitsplätzen. Deren überwiegender Teil stammt schon heute aus den Regionen, in denen die Unternehmen sitzen. Die Standorte der Händler sind gut über die drei mitteldeutschen Länder verteilt, doch es zeichnet sich auch ein eindeutiger Schwerpunkt ab.

Zu unserer großen Überraschung findet die größte Dynamik nicht in den drei Landeshauptstädten statt, sondern eigentlich in der mitteldeutschen Kernregion, zu der wir Leipzig, genauso wie Halle und  auch Jena zählen dürfen. 

Für die Internethändler selbst ergeben sich aus der Studie ganz neue Perspektiven. Kerstin Schilling, vom Vorstand der E-Commerce-Genossenschaft in Leipzig, entwickelt ein neues Selbstbewusstsein.

Es gab schon die ersten Kontakte. Können Sie nicht mal vorstellig werden, bei der Staatskanzlei oder beim Wirtschaftsministerium, um das Thema anzusprechen? Also, so beginnt halt Lobbyarbeit. Und, ja, vielleicht können wir da was auf den Weg bringen. Und auch sonst, die Vernetzung unter uns noch verstärken.

Die Internetunternehmen in Mitteldeutschland entwickeln sich übrigens zu Komplettunternehmen. Sie vergeben keine Aufgaben in andere Hände, sondern organisieren alles selbst, wie der Autor der Studie, Andre Werner von der Universität Leipzig, herausfand:

Eine weitere Erkenntnis war für uns, dass sich die E-Commerce-Unternehmen zu klassischen auch voll integrierenden Unternehmen entwickeln, die selbst E-Commerce-Plattformen betreiben, die sozusagen selbst Lager betreiben, die auch sozusagen den Versand selbst übernehmen.

Der Umsatz der Internethändler in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt soll im zweistelligen Milliardenbereich liegen, war bei der Vorstellung der Studie zu hören. Doch offiziell bestätigen wollte die Zahl niemand, weil die Studie dafür nicht ausreichend genug sei.

(c) Michael Voß, www.michael-voss.de

Schreibe einen Kommentar