Als wir am letzten Tag der Balkanreise in Belgrad zusammensitzen, beschreibt Paul Tutsek in seiner deutlichen Art, was wir alle irgendwie denken. Als Kameramann war er immer sehr nah an den Menschen dran.
Also, all diese Gesichter, diese Gesichter von diesen Menschen, wo man tatsächlich gesehen hat, dass die viel, viel gelitten haben. Nicht nur die Müdigkeit und die Kälte, sondern etwas viel Tieferes in den Augen der Menschen, wo man tatsächlich ablesen konnte, dass sie es sehr schwer haben.
Auch für Katrin Molnár, Autorin der Fernsehreportage, geht es um die Menschen. Das Schicksal einer Frau aus Afghanistan hat sie besonders gefesselt. Sie sprach mit ihr an der Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland.
Sie hat uns ganz interessante Details erzählt, einfach aus ihrer Kindheit. Zum Beispiel: Wie sieht der Blick aus ihrem Fenster aus? Und sie hat von Kirschblüten erzählt. Es muss ein ganz schönes Haus gewesen sein, wo sie gelebt hat. Ach, das war einfach ganz berührend. Am Ende hat das ganze Team geheult – irgendwie. Und wir hatten so gehofft, sie wiederzutreffen. Aber leider haben wir sie irgendwie aus den Augen verloren.
Von der griechisch-mazedonischen Grenze geht es in einem Kleinbus nach Kroatien und Serbien weiter. Belgrad ist die Stadt, wo sich die Fluchtwege auf der Balkanroute trennen. Flüchtlinge mit einer Chance legal in die EU einzureisen, machen sich zur kroatischen Grenze auf. Hier werden Afghanen, Syrer und Iraker meist ohne Probleme durchgelassen – solange ihre Papiere stimmen. Doch es kommen auch immer mehr illegale Flüchtlinge mit gefälschten Papieren über die EU-Grenze.
Wir haben hier in Belgrad in diesem Hilfszentrum mitten im Belgrader Zentrum und da war eine Gruppe, die hat selbst von sich gesagt, sie sind aus Pakistan, und haben uns die Dokumente gezeigt. Da stand drauf: Afghanistan in kyrillischen Lettern. Und einer hat uns auch noch von den Griechen sein Dokument gezeigt.
Wer ohne die gefälschten Dokumente illegal unterwegs ist, der sucht im sogenannten Afghanen-Park Schlepper oder, wie sie hier genannt werden, Agenten.
Der Afghanen-Park ist ein Drehkreuz von Schmugglern, illegalen Flüchtlingen, legalen Flüchtlingen, von Taxifahrern, Busfahrern, von Hostel-Leuten, die Unterkünfte an die Flüchtlinge feilbieten. Wenn man da mit einer offenen Kamera auftaucht, hätte man nicht so viel Erfolg, die Szenerie überhaupt einmal ein bisschen abbilden zu können.
Katrin Molnár und Kamermann Paul Tutsek sind deshalb für die ARTE-Dokumentation im Afghanen-Park mit versteckter Kamera unterwegs. Diese ist in eine Brille eingebaut und nimmt auch die Töne auf. So lassen sich die Gespräche zwischen den Flüchtlingen und Schleppern dokumentieren. Doch wir Journalisten werden schon bald wieder entdeckt, bei unserer Arbeit.
Die Fernseh-Dokumentation „Endstation Balkanroute – wo sich Fluchtwege trennen“ ist am Dienstag, 02.02.2016 um 22:20 Uhr bei ARTE zu sehen.
Tagebuch
- Balkantour startet
- In sechs Tagen starte ich
- Kurz vor dem Start der Balkanreise: Routenänderung
- Balkan-Projekt ist Start der neuen Hauptredaktion „Information“
- Gepäck gepackt – Balkan-Reise kann starten
- Zug zum Flug
- Zug fällt aus – weiter per Taxi
- Zwei Stunden zum Flughafen – vier Minuten für die Gepäckaufgabe
- Flughafen Leipzig / Halle aufgrund der Wetterlage geschlossen
- Flug nach München annuliert
- Lost in the system…
- Gleiches Flugzeug – zweiter Versuch
- Zwischenstation München
- Letzte Etappe für heute: Per Bus zum Hotel
- Ein wenig Tourismus am Abend
- Gedanken beim Frühstück
- Freiwillige sammeln Sachspenden
- Ankunft in Slavonski Brod
- Schnee in Slavonski Brod
- Ein Tag im Flüchtlingslager Slavonski Brod
- Abschied von Slavonski Brod
- Spezielles USB-Kabel fehlt
- Bericht aus dem Flüchtlingslager Camp Krnjača
- Abendspaziergang durch Belgrad
- Miksalište ist ein Belgrader Anlaufpunkt für Flüchtlinge
- Am letzten Tag: Ersatzkabel entdeckt
- Der Tourbus wartet schon
- Erinnerung an einen Krieg vor über 25 Jahren
- Ticket erneut digital verschwunden
- Und wieder zurück im Sendegebiet
- Reportage über Belgrad für MDR INFO produziert
- Für viele Flüchtlinge endet die Balkanroute in Belgrad
- Beitrag für Sonntag ist fertig
- Kroatien und Serbien kündigen an, nur Flüchtlinge Richtung Deutschland und Österreich ins Land zu lassen
- Flüchtlinge und Polizisten – Schicksale auf der Balkanroute
- Ein Flüchtling hilft in Kroatien anderen Zuwanderern bei der Integration
- Babytragetücher helfen Flüchtlingsfamilien
- Endstation Balkanroute – wo sich Fluchtwege trennen