Ein Flüchtling hilft in Kroatien anderen Zuwanderern bei der Integration

Prince Soniyi im Hauptbahnhof von Zagreb
Prince Soniyi im Hauptbahnhof von Zagreb
Kroatien ist so groß wie Niedersachsen und hat so wenig Einwohner wie Sachsen. Die Besonderheit: Das Land im Südosten der EU hat kaum Flüchtlinge. Hier landete vor vier Jahren ein junger Mann aus Nigeria, obwohl er eigentlich nach Italien flüchten wollte. Er ist inzwischen gut integriert und lebt in der Hauptstadt Zagreb. Aus dem Flüchtling wurde ein Mensch, der versucht, unterschiedliche Kulturen über ihre typischen Essensgerichte zusammenzubringen.

Im Hauptbahnhof von Zagreb treffe ich Prince Soniyi. „Prince“ ist kein Titel, sondern sein Vorname. Vor vier Jahren kam er aus seiner Heimat Nigeria als Flüchtling nach Kroatien. Es war eine anstrengende und teure Reise – doch das war ihm damals als 26-Jähriger egal, denn in seiner Heimat drohte ihm der Tod.

In meiner Heimatregion hatten wir Probleme mit Boko Haram und anderen Moslems. Sie kamen mit Autos und köpften Menschen, weil diese der christlichen Minderheit angehörten.

Als sein Zwillingsbruder bei den Übergriffen getötet wird, beschließt Prince Soniyi Nigeria zu verlassen. Seine Mutter und die katholische Gemeinde sammeln Geld für ihn. Umgerechnet einige tausend US-Dollar nimmt er mit – ein Vermögen. Der Pfarrer gibt ihm ein Empfehlungsschreiben für den Vatikan. Prince Soniyi reist über Niger nach Libyen, ausgerechnet, als in diesem Land gerade Gaddafi als Revolutionsführer gestürzt wird. In diesen wirren Zeiten findet er in Bengasi einen Fluchthelfer und schildert ihm, dass er nach Italien will.

Er sagte mir, wenn ich Geld habe, kann ich mit einem Boot über das Mittelmeer fahren. Ich gab alles, was ich geben konnte. Es waren 3 bis 4-tausend Dollar. Doch die Reise ging nicht nach Italien, sondern endete in Split.

So gelangt Prince Soniyi nach Kroatien, statt nach Italien. Hier baut er sich ein neues Leben auf und ist einer der wenigen Flüchtlinge, die in diesem EU-Land wohnen. Maximal einige tausend von ihnen sind hier geblieben. Die meisten sind auf der Balkanroute weiter in den Norden der EU gezogen. Kein Wunder, denn Kroatien leitet die Flüchtlinge kostenfrei in Zügen von seiner Süd- direkt an die Nordgrenze – seit dieser Woche allerdings nur noch Richtung Österreich und Deutschland weiter. Im vergangenen November – das sind die letzten aktuellen Zahlen – gab es lediglich 20 Asylanträge.

Ich will von Prince Soniyi wissen, ob er sich inzwischen in Kroatien integriert fühlt.

Ja – ich fühle mich jetzt akzeptiert. Doch vorher, als ich vor vier Jahren ankam, war es nicht so.

Inzwischen ist er Präsident der Organisation der Einwanderer aus Afrika. Er spricht Kroatisch und er versucht beim Zusammenleben zwischen Kroaten und Flüchtlingen zu helfen.

Ich hab das im Gefühl. Ich weiß genau, wie sie sich fühlen.

Und deshalb will er die Menschen über so etwas Simples wie Essen zueinander bringen.

Wir haben Einwanderer aus Afghanistan, Iran, Syrien, Ukraine, aus Ghana. Das ist die Idee – der Geschmack der Einwanderer.

Flüchtlinge und andere Ausländer kochen für Kroaten. Kochen für ein besseres Zusammenleben. Prince Soniyi weiß, dass die Einheimischen gerne essen. Und so sammelt er alle Nationen zusammen. Beim gemeinsamen Mahl soll man sich und die jeweiligen Kulturen besser kennenlernen. Und es kommt gut an. Ganz viele Wohnungen und Küchen habe er bereits für seine Aktion angeboten bekommen. Sein Traum: Eigentlich möchte Prince Soniyi in Zagreb ein Restaurant eröffnen mit Gerichten aus möglichst vielen Nationen.

Tagebuch

Die komplette Übersicht zur Balkanroute gibt es unter http://balkan.michael-voss.eu.