Digitale Demokratie

MDR INFO vom 22.08.12
Über das Internet kann man sich vernetzten. Man kann aber auch gemeinsam Entscheidungen treffen. Digitale Abstimmungen und Diskussionen – wie weit funktioniert das und ist dies eine Alternative zur direkten Demokratie?
Demokratie kommt aus dem Griechischen und heißt Volksherrschaft. So etwas müssen sich die Macher des Internet-Programms LiquidFeedback gedacht haben. Dieses Programm organisiert Diskussionen, Entscheidungshilfen und Entscheidungen einer großen Menge von Menschen an ganz unterschiedlichen Orten über das Internet.
Screenshot des Programms LiquidFeedback

2009 entstand die Idee – und zwar in der Piratenpartei. Man wollte damals möglichst allen die Chance geben mitzubestimmen. Inzwischen gibt es das Programm für jedermann: Ein Verein freiwilliger Programmierer steht dahinter und bietet LiquidFeedback kostenfrei zum Herunterladen an.

Klaus Peukert ist Bundesvorstandsmitglied der Piratenpartei und treibenden Kraft für LiquidFeedback – eine Bilanz nach zwei Jahren:
Wir haben vor allem eine Sache festgestellt,  und zwar haben wir die Beteiligung an der Meinungsbildung bei uns erhöht. Dort wo bisher immer so 250 Privaten als harter Kern dabei waren, ist es im Liquid so, dass regelmäßig bis zu 1.000 Leute abstimmern.
Bundesweit sind allerdings die Beschlüsse auf dem regulären Parteitag bindend. Allerdings gibt es bereits eine Ausnahme:
Es gibt beim Landesverband Mecklenburg-Vorpommern seit neuestem einen Online-Parteitag. Die haben das also eingeführt und können über ein LiquidFeedback zwischen den Parteitagen selber Positionen online finden.
Das Programm läuft inzwischen auch in Firmen und Vereinen. Ebenfalls im Norden, aber mehr westlicher, setzt demnächst sogar ein Landkreis auf LiquidFeedback. In Friesland sollen damit Bürger stärker an Entscheidungen beteiligt werden. Söhnke Klug ist Sprecher des Landkreises Friesland und ein klarer Befürworter des Projektes:
Wir versuchen mit LiquidFriesland, wie wir es dann nennen werden, einen zusätzlichen Kanal für diese Beteiligungsrechte zu schaffen, um Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, einerseits ihre Ideen an uns heranzutragen, in Form von Anregungen und Beschwerden, und andererseits aber auch uns Feedback zu geben auf unsere Vorlagen hin, die parallel im – ich sag mal in Anführungsstrichen – realen politischen Prozess behandelt werden.
Also keine Abschaffung der parlamentarischen Demokratie, sondern eine Meinungsbildung vor der dann rechtlich relevanten Abstimmung im Kreistag.

Unser Kreistag bekommt eine Vorlage, auf den Tisch, über die er zu befinden hat. Und das neue ist: Parallel ist diese Vorlage auch in LiquidFriesland diskutiert worden, dort ist ein Meinungsbild zustande gekommen und der Kreistag hat dann aber breiteres, interessanteres und auch transparenteres Meinungsbild, als das vorher der Fall war.
Das Ursprungsprogramm LiquidFeedback kann als sogenannte freie Software kostenfrei aus dem Internet heruntergeladen werden und von Vereinen, Firmen oder anderen Interessierten genutzt werden.
(c) Michael Voß, www.michael-voss.de

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