Heute und morgen tagt der sogenannte Digital-Gipfel in Berlin. Experten treffen dort mit Politikern zusammen. Beide Seiten versuchen voneinander zu lernen, aber vor allem Miteinander voran zu kommen. Hören Sie dazu meinen Kommentar für das Nachrichtenradio MDR Aktuell.
Wenn man ganz tief im Tal sitzt, ist jeder noch so kleine Hügel ein hoher und großer Gipfel. So gesehen erwartet uns in Deutschland heute und morgen mit dem Digital-Gipfel ein wirklich großer Gipfel. Um es positiv auszudrücken: Deutschland hat in Sachen Digitalisierung noch viel vor. Und das schon seit Jahren. Seit 2006 gibt es die Veranstaltung und seitdem stellt man jedes Jahr aufs Neue fest, was besser laufen könnte. Was sich in der Zeit so richtig geändert hat…… ist der Name: Zunächst nannte sich die Veranstaltung „Nationaler IT-Gipfel“. Seit 2017 ist es der Digital-Gipfel.
Inhaltlich dagegen gab es nicht so viel Neues….
Beispiel: Das Dauerthema „Schnelles Internet“. Die drei großen Funktelefon-Anbieter – Telekom, Vodafone und Telefonica (u.a. mit O2) – hatten die Auflage bis Ende dieses Jahres 98 Prozent der Haushalte in jedem Bundesland einen Mobilfunk-Zugang vom mindestens 100 Mbit pro Sekunde anbieten zu können. Das, so weiß man bereits, ging erfolgreich …. daneben.
Noch schlimmer sieht es beim Festnetz aus, welches die meisten Haushalte und Büros für ihr Internet nutzen. Nehmen wir den Monat Oktober 2022. Weltweit Spitze – sozusagen der wirkliche Gipfel – war Singapur mit 220 Mbit pro Sekunde. Und dann folgten: Chile, China, Hong Kong, Thailand, USA, Dänemark, Vereinigte Arabische Emirate, Japan, Macau, Spanien, Rumänien, Schweiz, Monaco, Frankreich, Neuseeland, Kanada, Ungarn, Taiwan, Liechtenstein, Niederlande, Portugal, Andorra, Panama, Kuweit und….
Deutschland.
Übrigens mit schleichenden 77,34 Mbit pro Sekunde – durchschnittlich im ganzen Land.
Ja, das deutsche digitale Tal ist wirklich sehr tief.
Und das erklärt, weshalb alles so schleppend funktioniert. Denn wenn der Internetanschluss zu Hause, auf der Arbeit oder unterwegs so langsam ist, dann machen es die meisten lieber analog. Elektronische Patientenakte, elektronische Krankschreibungen. Überall geht es langsam voran. Die Ämter arbeiten deutschlandweit noch immer lieber mit Kugelschreiber und analogen Formularen. Nicht einmal der Staat geht mit gutem Beispiel voran. Statt digitaler Systeme vor Gericht und unter Anwälten noch viele Verbindungen mit Fax – einer Jahrzehnte alten Datenübertragung mit akustischen Signalen, der man vor Gericht mehr Sicherheit zutraut, als einer E-Mail.
Auch die neue Bundesregierung hat noch immer mehrere Ministerien, die sich um Digitalisierung kümmern. Hauptberuflich zuständig ist das Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Doch auf der Seite der Bundesregierung ist fast jedes andere Ministerium mit digitalen Zuständigkeiten genannt.
Der Weg auf den eigentlichen digitalen Gipfel ist für Deutschland noch sehr lang und noch sehr hoch.