Immer wieder bekomme ich vorgeworfen, dass ich als Journalist meine eigene Meinung darstelle. Doch wie sieht das nun konkret aus? Darf ich nur meinungslos herumlaufen? Darf ich nichts kritisieren, wenn mir etwas nicht gefällt? Muss ich meinen Mund halten?
Meinung ist erlaubt – aber nur im Kommentar, nicht im Bericht
Meine Antwort ist ziemlich eindeutig: Natürlich darf ich auch als Journalist meine eigene Meinung haben. Ich darf diese Meinung sogar öffentlich darstellen. Denn der Artikel 5 im Grundgesetz sichert für jeden Bürger Deutschlands die Meinungsfreiheit und er sichert gleichzeitig die Pressefreiheit.
Doch für den Beruf des Journalisten kommt noch etwas Zusätzliches hinzu: Wenn ich über ein Geschehen berichte, dann muss ich möglichst neutral und objektiv bleiben. Die Trennung von Bericht und Kommentar ist ein journalistisches Grundprinzip, das allerdings von einigen Kolleginnen und Kollegen nicht immer eingehalten wird.
Kommentieren kann jeder. Aber mit einer eigenen Meinung im Hinterkopf möglichst objektiv zu berichten, das ist die Kunst des guten Journalismus‘.
Warum nur „möglichst objektiv“?
Weil wir alle Menschen sind, habe ich bewusst das Wort „möglichst“ eingefügt. Wenn ich beispielsweise zwischen zwei gleichwertigen Auslandsthemen entscheide, ob ich eines davon in meine Sendung aufnehme, muss ich aufpassen. Persönlich interessiere ich mich beispielsweise mehr für Lateinamerika, als für Asien. So habe ich mich oft erwischt, dass ich dann den Bericht aus einem lateinamerikanischen Land bevorzugt habe. Inzwischen erwische ich mich allerdings auch oft dabei, dass ich Lateinamerika ablehne, weil ich eventuell nicht neutral bin. Egal wie ich mich entschieden habe, spielt mein persönlicher Hintergrund eine Rolle. Deshalb kann ich auch nur möglichst objektiv und nicht hundertprozentig objektiv sein.
Trotzdem: Wir Journalisten sind keine meinungslosen Gestalten. Weil wir uns so oft mit Politik beschäftigen, haben wir sogar sehr oft eine sehr deutliche Meinung. Und diese Meinung dürfen wir auch nach wie vor äußern. Ich mache das unter anderem auf Twitter oder hier auf meiner Internetseite. Und wenn ich meine Meinung am Arbeitsplatz öffentlich äußere, dann läuft das als Kommentar im Programm – übrigens eine sehr alte journalistische Gattung, die noch immer „in“ ist.