Vor zwei Wochen überraschte die Bertelsmann-Stiftung mit einer Studie, die sagte, Deutschland bräuchte weniger Krankhäuser, die dafür komplett ausgerüstet sein. Viele Komplikationen und Todesfälle ließen sich durch eine Konzentration auf deutlich unter 600 statt heute knapp 1.400 Kliniken vermeiden. Und – so hieß es – es sei dem Zufall überlassen, ob ein Patient im richtigen Krankhaus ankäme. Für den Faktencheck von MDR Aktuell habe ich in Halle und Leipzig ausprobiert, wie ein Notfall-Patient ins Krankenhaus kommt – und wer entscheidet, welches Krankenhaus es ist.
Der Weg ins Krankenhaus beginnt häufig mit einem Anruf. 112, die Notrufnummer der Feuerwehr und auch für die Krankenwagen.
Der Notruf Feuerwehr und Rettungsdienst – wo genau ist der Notfallort?
Notruf der Feuerwehr in Halle an der Saale
In der Leitstelle in Halle-Neustadt wird der Anruf zentral für die Stadt und für den nördlichen Saalekreis entgegengenommen. Der Anrufer wird gezielt befragt, wie in diesem unter Realbedingungen nachgestellten Gespräch zu hören ist:
Der Patient ist jetzt die gesamte Zeit ansprechbar gewesen – war nicht bewusstlos? — Nein, er ist ansprechbar klagt aber über diese Schmerzen im Bein, sagt aber auch, er hätte Schmerzen im Brustbereich.
Notruf der Feuerwehr in Halle an der Saale und Anrufer
Der Dialog wird automatisch aufgezeichnet und von den Mitarbeitern der Leitstelle auch in den Computer hinein mitgeschrieben. Mit diesen Informationen zusammen wird der nächste Rettungswagen sowie – in diesem Fall – auch der Notarzt alarmiert. Beide Fahrzeuge erhalten die Informationen der Leitstelle und wissen so, was sie vor Ort erwarten. Parallel wird der Notruf weiter beantwortet.
Gut, der Rettungsdienst ist alarmiert. Die Kollegen sind auf dem Weg, bleiben Sie bitte bei dem Patienten.
Notruf der Feuerwehr in Halle an der Saale
Rettungswagen und Notzarzt kommen wenig später an und beginnen mit der Erst-Versorgung des Patienten. Danach geht es ins Krankenhaus. Und hier beginnt die Kritik der Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung an: Es gäbe ein Überangebot an Krankenhäusern, von denen die meistens nicht für alle Notfälle gerüstet seien, sagt Jan Böcken:
Eigentlich geht es nur darum, ob sie an der Ampel links oder rechts abbiegen. Wenn Sie links abbiegen, haben Sie eine Klinik, die einen Herzkathedermessplatz hat, wenn Sie recht abbiegen, haben Sie das nicht. Es ist also ein bisschen Zufall, ob Sie in der richtigen Versorgung landen, wenn Sie einen Notfall haben.
Jan Böcken, Bertelsmann-Stiftung
Dem widerspricht Karsten zur Nieden. Er ist Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes in Halle:
In unserer Erfahrung ist das nicht so. Rettungsdienst wird von Profis betrieben. Die kommen vor Ort, treffen eine Diagnose, erheben Befunde und wissen dann ganz genau, welches Krankenhaus geeignet ist.
Karsten zur Nieden, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes in Halle
Auch in Leipzig läuft es so, erzählt Feuerwehr-Pressesprecher Torsten Kolbe:
Das ist hier in Sachsen ganz klar geregelt, nämlich vom Gesetzgeber her, dass der Patient in das nächstgelegende geeignete Krankenhaus zu fahren ist. Und welches geeignet ist, legt das Rettungsteam vor Ort fest.
Torsten Kolbe, Pressesprecher der Feuerwehr Leipzig
Der Kontakt zwischen den Rettungskräften und dem Krankenhaus funktioniert derzeit über Funk und Telefon, erzählt Karsten zur Nieden:
Wir versuchen dem Krankenhaus alle wichtigen Daten die zur Vorbereitung wichtig sind, zur Verfügung zu stellen. Man kann Herzstromkurven über eine Faxübertragung ins Krankenhaus bringen. Man kann andere Anmeldeinformationen schon platzieren.
Karsten zur Nieden, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes in Halle
Eine ausschließlich digitale Übertragung sei zwar technisch umsetzbar, scheitere aber noch an Datenschutzvorgaben und nicht miteinander kompatiblen Systemen. Und so bleibt es in diesem Fall bei einem Funkspruch zur Leitstelle, denn der Notarzt vor Ort hat entschieden, welches das richtige Krankenhaus ist:
Leitstelle Halle von 01 83 01. Kommen. Ja, wir fahren mit unserem Patienten mit Notarztbegleitung, Fraktur und unklarem Brustschmerz in die Universitätsklinik nach Halle.
Sanitäter im Rettungswagen