Ende der 90er Jahren bis hinein in das nächste Jahrtausend waren die mp3-Player richtig „in“, mit denen man unterwegs Musik hören konnte. Auch heute wird im mp3-Format Musik gespeichert oder Hörbücher angeboten. Vor einigen Tagen ließen dann die Schlagzeilen aufhorchen: Das Aus für mp3 stünde bevor. Doch alles eine Fehlinterpretation, wie der mp3-Erfinder meint. Für MDR Aktuell sprach ich mit ihm.
Der mp3-Erfinder Karlheinz Brandenburg sitzt in seinem Büro in Ilmenau. Viele Urkunden hängen hier, direkt hinter ihm steht in einem Rahmen zwischen vielen Büchern die Ehrendoktorwürde der Universität von Valencia. Vor kurzem las Brandenburg Schlagzeilen wie „Die MP3-Datei ist tot – ich habe sie geliebt“ oder auch „Ende einer Sound-Ära: Tschüss, MP3-Format!“. Doch der Professor stellt klar:
mp3 spielt überall. Und das wird auch noch lange so sein. Und solange wird es auch nicht tot sein.
Tatsächlich sei vor einem Monat das letzte Patent für das von ihm erfundene mp3-Format ausgelaufen. Doch das sei normal und gesetzlich geregelt, erklärt der 63-Jährige.
Im Prinzip hat mp3 damit den Status, wie andere Verfahren, die von der Grundidee frei verfügbar sind.
Die Fraunhofer-Gesellschaft, für die Brandenburg seit seinem Studium tätig ist, hat deshalb die Lizensierung des mp3-Formates eingestellt. Genutzt werden kann es aber trotzdem – jetzt sogar ohne Gebühren für die Hersteller.
Die mp3-Geschichte begann 1987 in Erlangen. Ziel der sechsköpfigen Gruppe um Karlheinz Brandenburg war es, ein Speicherformat für Musik zu erfinden, welches Übertragungen via Telefon und später auch via Internet zuließ. Die Grundhypothese war relativ simpel:
Also, das Wesentliche ist ja auch beim Hören: Was geht wirklich ins Gehirn?
Brandenburg erzählt, im Innenohr würde beim Menschen das entstehen, was er wirklich hört. Laute Töne machen leise Geräusche beispielsweise für den Menschen unhörbar, obwohl sie tatsächlich vorhanden sind.
Und die Idee ist, genau die Effekte, die im Innenohr passieren, so nachzubilden, dass die Informationsmenge, die weitergegeben wird, genau die ist, die vom Innenohr ins Gehirn kommt.
„Nachzubilden“ heißt in dem Fall, dass die unnötigen Informationen einfach aus der Original-Aufnahme herausgerechnet werden. Das spart Platz beim Speichern und bei der Übertragung. Die Kunst ist, dass keiner hört, dass etwas fehlt.
Dann kann ich auch behaupten: Ich kann keinen Unterschied hören, denn es ist ja dieselbe Information.
Die Theorie war tatsächlich simpel. Diverse Versuche zeigten jedoch, dass es nicht so einfach war. An diesem Musiktitel der US-Sängerin Suzann Vega, „Tom’s Diner“ wäre das ganze Projekt fast gescheitert, erzählt Karlheinz Brandenburg.
Ich hatte eigentlich gedacht, ich bin fertig mit der Arbeit: Dissertation zusammenschreiben und es funktioniert alles, wie es soll. Und dann kam dieses Stück von Suzanne Vega und es hat sich fürchterlich angehört.
Der Klang der Datei glich nicht dem Original, hatte Misstöne. Und so musste Brandenburg nochmals ran und nachjustieren. Doch das führte dann endgültig zum Durchbruch: Im Dezember 1991 wurde mp3 offiziell als weltweiter Standard eingeführt. Bis heute bleibt die Stärke von mp3, dass es kaum ein Gerät gibt, was dieses Format nicht abspielen kann. Anders, als bei moderneren Audioformate.
Karlheinz Brandenburg traf später übrigens mehrmals Suzanne Vega, die in Fachkreisen deshalb „Mutter von mp3“ heißt. Seit 2000 lehrt der Wissenschaftler in Ilmenau und leitet dort inzwischen das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie.