MDR INFO, 27.02.14
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Nach den jüngsten NSA-, Abhör- und Handy-Skandalen suchen immer mehr Internetnutzer nach Alternativen. Die großen E-Mail-Anbieter und Internetdienstleister sitzen hauptsächlich im Ausland, häufig in den USA. Das Misstrauen ist da. In Berlin startet jetzt ein neuer Anbieter, der E-Mails vollständig verschlüsseln will. Ich habe mich einmal vor Ort umgesehen und erfahren, wie es zu einer eher ungewöhnlichen Firmenphilosophie kam.
Berlin. Hinterhof. 3. und 4. Etage. Großzügig mit Sitzecken und sehr offen. Sehr familiär. Das ist die Zentrale der Heinlein Support GmbH. Von hier aus läuft Mailbox.org. Namensgeber, Gründer und Geschäftsführer Peer Heinlein räumt noch einen Brutkasten weg, bevor das Interview beginnt. Es sind Schildkröteneier, die er für seine Eltern ausbrüten lässt. So sorgsam, wie er mit diesem Nachwuchs ist, so sorgsam geht er auch mit den Mails und Daten seiner Kunden um.
Man muss sich halt klar machen, wer solche System betreibt, der könnte die komplette Kommunikation seiner Nutzer lesen und auswerten und sonst was damit machen. Und wir wollen sogar in die Situation kommen, dass wir das gar nicht können, weil die Leute umfangreich verschlüsseln und wir dann tatsächlich gar keinen Zugriff auf diese Daten haben.
Peer Heinlein ist Gründer der Heinlein Support GmbH (Foto: Voß) |
Peer Heinlein stammt aus der Generation der ersten Internetstrippenzieher. Mit alten Modems hatten er und seine Freunde damals in den 90ger Jahren Datenverbindungen erstellt. Die Mailbox-Szene entstand in ganz Deutschland.
Das waren Enthusiasten, die teilweise auch mit privatem Geldeinsatz Netze geknüpft haben, Standleitungen bei der Telekom gekauft haben. Die waren damals noch total langsam, aber es waren immerhin Leitungen über die man in Echtzeit Daten sonst wohin oder in die ganze Welt schicken konnten. Das waren halt damals Leute, die vor allem frei kommunizieren wollten. Die also einfach ein Kommunikationsmedium wollten, was schnell ist, was auch sicher war – damals hat fast jeder verschlüsselt, das ist heute längst nicht mehr der Fall.
Diese Philosophie hat Peer Heinlein in seine Firma, die mit zwei Dutzend Mitarbeitern auskommt, übernommen. Die Verschlüsselung ist sein Hauptanliegen. Mit dem neuen Produkt mailbox.org will er dazu Denkanstöße geben. Für einen Euro im Monat kann man sein eigenes digitales Büro eröffnen. Kalender, Dokumente und andere Dateien lassen sich hier speichern, wie auch bei großen Anbietern Google, Microsoft, Strato oder 1&1. Nur die Finanzierung erfolgt nicht durch den Handel mit den Daten der Nutzer oder durch Werbung, sondern durch direkte Bezahlung. David gegen Goliath beschreibt der Firmengründer seine Philosophie. Und….
Wir sitzen mit unseren Rechenzentren hier in Berlin und werden Deutschland auch nicht verlassen. Wir finden das deutsche Datenschutzrecht auch tatsächlich sehr schön in diesem Zusammenhang, weil es eben sehr restriktiv und sehr hart ist. Und wir wollen ja auch bei uns sicher sind.
Auf der Internet-Seite des Anbieters gibt es sogar Anleitungen, wie man die E-Mails gleich zuhause verschlüsselt, so dass selbst die Mitarbeiter von mailbox.org nichts lesen können. Am Ende des Gespräches grinst Peer Heinlein zum Brutkasten rüber. Er liebt es offenbar Wertvolles zu umsorgen.