Als ich die Meldung am Wochenende hörte, dachte ich, sie sei einer Satire-Zeitschrift entnommen. In dem Leitantrag zum CSU-Parteitag heißt es: „Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen.“
Ich habe dazu viele Fragen.
Muss ich als geborener Norddeutscher nun „tu hus Platt snacken“ – zuhause Plattdeutsch reden? Und was spreche ich in Sachsen-Anhalt, wo ich wohne? Wie sieht es in Bayern aus und wie geht man mit der dortigen Minderheit der Franken um? Als am besten hochdeutschsprechende Bevölkerung gelten die Hannoveraner – ist deren Deutsch demnächst die Messlatte auch für die Bayern? Ich will gar nicht erst fragen, was Ausländer in Bautzen sprechen sollen… Sorbisch oder Sächsisch?
Und das wichtigste: Wer kontrolliert, ob und wie gut Deutsch gesprochen wird?
Aber ganz im Ernst: Was da von der von der CSU in Bayern kommt, kann gar nicht erst gemeint sein.
Wer will, dass die Ausländer irgendwann wieder in ihre jeweilige Heimat zurückkehren – und das wollen doch viele in der CSU-, der sollte dafür sorgen, dass deren Kinder auch weiterhin ihre Heimatsprache sprechen. Wer möchte, dass die Ausländer in Deutschland bleiben, der sollte dafür sorgen, dass sie Deutsch von Muttersprachlern, also von Deutschen, lernen. Und das ist Zuhause meist nicht möglich, weil dort selten gut Deutsch gesprochen wird.
Ich war selbst knapp zwei Jahre Ausländer und weiß, wovon ich spreche. Damals lebte ich mit meiner Familie in Mittelamerika. Mein Sohn sprach im Kindergarten und außerhalb des Hauses Spanisch. Mit meiner Frau sprach und spricht er bis heute Spanisch, da es ihre Muttersprache ist. Mit mir sprach und spricht mein Sohn Deutsch, weil es meine Muttersprache ist. So lernte er von seinen Eltern jeweils die Sprache, die die am besten konnten. Da unser Sohn in der Schule noch Englisch und Französisch lernte, beherrscht er jetzt vier Sprachen. Einfach genial.
Sich nur auf eine Sprache zu konzentrieren, dass war vielleicht zu Luthers Zeit möglich, nachdem der die Bibel ins Deutsche übersetzt hatte und die wenigsten Menschen über ihre Stadt- oder gar Landesgrenzen hinauskamen. Heute dagegen ist es wichtig, viele Sprachen zu können, und da geht der bayerische Vorschlag der Deutschl-Pflicht auf dem Sofa in die völlig falsche Richtung. Natürlich ist Deutsch die Amtssprache in Deutschland – und das wird auch keiner ändern. Wer aber international tätig sein will, muss auch andere Sprachen können. Und wenn Deutschland für Touristen attraktiver werden möchte, auch dann sollten immer mehr Menschen immer mehr Sprachen sprechen.
Mann kann der CSU nur wünschen, dass sie auf ihrem Parteitag am Donnerstag nicht auch noch „Hochdeutsch für alle fordert“ – denn das wäre das Aus für die CSU in Bayern.
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Das Wort „angehalten“ wurde in dem Antrag inzwischen durch das Wort „motiviert“ ersetzt.