Das ist die drittlängste Betriebsstörung in der Geschichte der deutschen Bahn – nur die beiden Weltkriege haben für mehr Ausfall von Zügen gesorgt.
Soviel zu den Relationen.
Streik ist erlaubt. Das ist auch gut. Aber beim Streik geht es normalerweise um mehr Lohn oder weniger Arbeitszeit. Beides sind auch Forderungen der Lokführergewerkschaft GDL – doch sie stehen schon längst nicht mehr im Mittelpunkt. Tatsächlich geht es um Macht – um mehr Macht und um mehr Mitglieder. Es geht es darum, ob die kleine Gewerkschaft GDL nicht nur für die Lokführer Tarifverträge aushandeln darf, sondern auch für das andere Personal, also beispielsweise die Zugbegleiter. Bisher macht das nur die größere Konkurrenzgewerkschaft EVG.
Die Bahn AG ist der GDL in ihren Forderungen immer weiter entgegen gekommen: Sie bot mehr Lohn, kürzere Arbeitszeit, Neueinstellungen – und als letztes sogar eine Beteiligung der GDL an den Tarifgesprächen für die anderen Bahnmitarbeiter an. Die kompromisslose Antwort der GDL: Keine Schlichtung, sondern ein neuer Streik mit der Rekordlänge von fast fünf Tage. Kein Frieden, sondern eine Kampfansage an die Bahn – doch vor allem an die Bahnkunden: Fahrgäste, die nicht ans Ziel kommen, und Unternehmen, deren Waren nun irgendwo im Nirgendwo stehen.
Ich meine: Jetzt reicht‘s. Mit diesem massiven Eingriff in den Zugverkehr schießt die Lokführergewerkschaft über ihr Ziel hinaus. Da wird eine Riesendampflok aufgefahren, um eine kleine Draisine zu bewegen.
Wenn die Lokführergewerkschaft künftig auch für die Zugbegleiter verhandeln will – und ihr das so wichtig ist: Warum kommen denn nicht auch mal Zugbegleiter zu Wort? Oder – noch besser – warum streiken nicht auch mal die Zugbegleiter? Dann könnten die meisten Züge weiter fahren und Fahrgäste und Güter kämen ohne Probleme ans Ziel. Nur der Arbeitgeber Bahn hätte den Schaden, weil die Zahl der Schwarzfahrer eventuell drastisch ansteigen könnte.
Zu Recht kritisieren der Deutsche Gewerkschaftsbund, Bundesregierung und Opposition die Gewerkschaft GDL. Selbst der frühere GDL-Vorsitzende Schell wettert über seinen Nachfolger: Weselsky stelle seinen Egoismus über alles.
Es wird wirklich Zeit, dass die Signale bei der Bahn wieder auf Grün schalten und eine vernünftige Schlichtung beginnt.