Zahlreiche mitteldeutsche Städte suchen händeringend Straßenbahnfahrer. In Leipzig fahren inzwischen sogar weniger Züge als sonst. 32 Fahrer fehlen. Für MDR Aktuell habe ich selbst einmal ausprobiert, was man als Straßenbahnfahrer können muss und Fahrunterricht genommen.
Ein wenig Bammel habe ich schon. Wagen 5003 ist der Fahrschulwagen der Leipziger Straßenbahn – ein sogenannter Leoliner. Über 27 Tonnen Gewicht. Und die soll ich jetzt fehlerfrei quer durch Leipzig fahren. Neben mir sitzt Renate Backmann, meine Fahrlehrerin. Sie erklärt mir die ganzen Knöpfe und Hebel – und beruhigt mich.
Beruhigend. Wie machen Sie das immer? Aus Halle kenne ich: Wenn die losfahren machen die immer ganz kurz „Ding Ding“.
Das gehört sich so. Vor jeder Anfahrt auf dem Betriebshof ist ein Läutesignal, heißt das. Ich sage immer: Ein zartes Bimm.
So?
Genau. Jetzt können wir raus fahren.
Renate Backmann, Straßenbahn-Fahrlehrerin und Michael Voß, Reporter im Selbstversuch
Mit einem nicht ganz so zarten Bimm geht es dann raus aus dem Straßenbahnbetriebshof Angerbrücke. Meine linke Hand fährt den Wagen. Um zu beschleunigen drücke ich den Hebel nach vorne. Um zu bremsen ziehe ich den Hebel nach hinten. Das Stichwort für meine Fahrlehrerin Renate Backmann:
Dann machen wir das an der nächsten. Haben wir einen Zug hinter uns? Nee…
Nee.Renate Backmann, Straßenbahn-Fahrlehrerin und Michael Voß, Reporter im Selbstversuch
Das Blindenfeld ist die viereckige Markierung mit den leichten Wölbungen am Ende des langen weißen Pflasterstriches, die Sehbehinderte mit ihrem Stab ertasten können. Hier muss unbedingt die erste Tür zum Stehen kommen, damit die Sehbehinderten richtig einsteigen können. Genaues Bremsen ist also gefragt. Bei mir klappt das allerdings erst beim dritten Versuch. Meine Fahrlehrerin ist begeistert.
Und jetzt müsste ich hier zumachen.
Nee, nun fährt er nicht. Warum? Sie haben die Türen freigegeben. Die müssen Sie erst wieder zu machen.
Ich dachte rot ist…. Ah, Türenschließen ist grün.Renate Backmann, Straßenbahn-Fahrlehrerin und Michael Voß, Reporter im Selbstversuch
Das war die falsche Taste. Wenig später dann auf Höhe des Völkerschlachtdenkmals eine Vollbremsung bei 50 Kilometer pro Stunde.
Den Hebel mit der linken Hand ganz an mich herangezogen habe ich den Zug innerhalb weniger Sekunden zum Stehen gebracht. Automatisch wird die Klingel ausgelöst, bis der Zug steht. Mittlerweile habe ich die ersten 30 Minuten Fahrt hinter mich gebracht. Doch für einen Fahrschüler ist das nur ein kleiner Teil seines Trainings, erzählt Renate Backmann.
Vor den Fahrstunden gibt es aber noch vier Wochen Theorie und eine theoretische Prüfung. Zum Abschluss ist die praktische Prüfung angesetzt. Vorfahrtsfehler führen in beiden Prüfungen zum Durchfallen.
Ja, was kann ich besser machen? Was habe ich falsch gemacht?
Ahja… Die Bremswegeinschätzung ist immer noch mit Vorbremsen gewesen. Also, die müsste dann in einem Zug…. Und manchmal ein bisschen sehr zögerlich.Renate Backmann, Straßenbahn-Fahrlehrerin und Michael Voß, Reporter im Selbstversuch
Und dann rolle ich auch nach 20 Kilometern Fahrt durch Leipzig in den Betriebshof Angerbrücke ein. Nach meiner Fahrlehrerin Renate Backmann dann noch ein Lob von Pressesprecher Marc Backhaus, unserem Fahrgast auf der Strecke – aber der soll ja auch die guten Verbindungen zum Reporter halten….
Hach
Bravo!
Hat Spaß gebracht.
Sehr schön.Renate Backmann, Straßenbahn-Fahrlehrerin, Marc Backhaus, Pressesprecher und Michael Voß, Reporter im Selbstversuch
Wer genommen wird, bekommt übrigens eine Festanstellung für 2.000 Euro brutto.