MDR INFO, 01.11.13
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In der digitalen Welt ist die Kopie einer Information genauso viel Wert, wie das Original. Und der Eigentümer merkt dabei nicht einmal, dass es eine Kopie gibt. Deshalb ist es so einfach, Informationen zu sammeln und weiterzureichen. Bekanntestes Ausspähopfer ist Bundeskanzlerin Merkel, deren Handy durch den US-Geheimdienst NSA abgehört wurde. Datenschützer sollen dies für alle Bürger verhindern und auf Gefahren aufmerksam machen. Ich habe mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar darüber gesprochen, welchen Chancen der Datenschutz überhaupt noch hat.
Peter Schaar sitzt hinter seinem Schreibtisch und druckt Grafiken für einen Vortrag aus. Thema: Datenschutz und die aktuellen US-Spionageangriffe. Telefoniert er als oberster Datenschützer überhaupt noch mit einem Handy?
Also ich habe ein Smartphone und nutze das immer noch. Aber ich bin mir durchaus bewusst, dass das nicht allzu sicher ist und es vielleicht auch Interessenten an dem gibt, was ich dort sage. Und insofern würde ich bestimme Informationen nicht über Handy preisgeben.
Wenn die Kanzlerin abgehört wird und selbst der Bundesdatenschutzbeauftrage Angst vor der Handyüberwachung hat, hat der Datenschutz dann überhaupt noch eine Chance?
Also, Datenschutz bedeutet ja in erster Linie, in seiner ursprünglichen Ausformung, Schutz vor Ausspähung vor dem Staat. Insofern ist Datenschutz wichtiger denn je.
Der eigentliche Skandal ist ja nicht, dass das Handy von Spitzenpolitikern gegebenenfalls abgehört wird. Der wirkliche Skandal ist doch die massenweise Überwachung des Internets, der Telekommunikation, das Anhäufen von Datenmassen von völlig unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern.
Es gehe nicht darum, dass sich die Politik aufrege, wenn sie selbst betroffen sei, sondern es gehe darum, das Beste für das Volk zu realisieren.
Und da ist eben dieses massenweise Überwachen nicht angemessen thematisiert worden, jedenfalls nicht von Regierungsseite.
Peter Schaar spart nicht mit Kritik an der Bundesregierung. Es sei notwendig, den Datenschutz europaweit so schnell wie möglich zu vereinheitlichen und das nicht zu verzögern.
Ich hab auch den Eindruck, dass Deutschland da nicht an der Spitze der Entwicklung ist. Und hier kann die neue Bundesregierung mal einen Neuanfang versuchen. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie sich für eine zügige Verabschiedung der Datenschutzreform noch in dieser Legislaturperiode des Europäischen Parlaments einsetzt, also bis zum kommenden Frühjahr. Wenn das nicht gelingt, dann ist es höchst unsicher, ob es überhaupt so eine Reform gibt.
Deutlich setzt sich der Bundesdatenschutzbeauftragte für den ehemaligen US-Geheimdienstler Edward Snowden ein:
Also heute würde ich sagen, er hat Gutes geleistet, und wir haben auch einen moralischen Anspruch, ihn zu schützen. Ich denke aber, dass er zur Aufklärung noch mehr beitragen kann. Und dass, wenn es denn einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben sollte, es sehr sinnvoll wäre, dass man ihm auch ein Umfeld gestattet, in dem er sicher vor Auslieferung in die Vereinigten Staaten diese Erkenntnisse preisgeben kann.
Peter Schaar betont allerdings auch, dass es für die Abwehr und Aufklärung von Straftaten weiterhin notwendig sei, die Telekommunikation und den Internetverkehr zu überwachen. Das müsse aber nach den in Deutschland und Europa geltenden Gesetzen geschehen.