Störerhaftung: Thüringen fordert klare juristische Regelungen für freie Internetzugänge

Wer im Ausland auf Urlaub ist, kommt fast an jeder Straßenecke via WLAN ins Internet. Ganze Straßenzüge und Einkaufszentren bieten unkompliziert einen freien Zugang ins Internet. Nur in Deutschland klappt das nicht. Darüber will heute der Bundesrat diskutieren. Ich sprach mit Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee darüber, woran es liegt und wie man es besser machen könnte.

An einem Wort scheint alles zu liegen: „Störerhaftung“. Logisch, wer stört, der haftet für den angerichteten Schaden. Ist aber nicht so. Im Gegenteil: „Störerhaftung“ heißt, wer kostenlos einen Zugang ins Internet anbietet, der haftet für alle Schäden und Gesetzesverstöße der Nutzer. Sollte sich ein Nutzer illegal Musik herunterladen und nicht dafür zahlen, dann muss der Anbieter des freien WLANs dafür blechen.

Das ist nicht fair, findet Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee. Es müsse gesetzlich eindeutig geregelt werden, dass derjenige, der das freie Internet quasi verschenkt, nicht für eventuelle Verstöße anderer haftet.

Diese gesetzliche Absicherung ist sehr, sehr wichtig. Deshalb kämpfe ich an dieser Front.

Der Thüringer SPD-Minister kritisiert die von der Bundesregierung geplante Neufassung des Telemediengesetzes als zu schwach – eine deutliche Kritik an seinem Partei- und Amtskollegen Sigmar Gabriel, der als Bundeswirtschaftsminister eigentlich auch die Störerhaftung einschränken will. Wolfgang Tiefensee:

Mich stört, dass wiederum in dieser Novelle, die jetzt gerade im Bundesrat diskutiert wird, mit unbestimmten Rechtsbegriffen agiert wird.

Einer dieser unbestimmten Begriffe laute „geeignete Weise“. Das könne ein einfacher Klick sein, mit dem man zustimme, keine Gesetzesverstöße zu begehen. Es könne aber auch eine komplette Erfassung der Identität des Nutzers sein. Thüringens Wirtschaftsminister will Klarheit und die vollständige Abschaffung der Störerhaftung.

Ich möchte, dass eine grundsätzliche Freistellung im Gesetz verankert wird, eine ganz klare und justiziable Handhabung eines solchen Gesetzes möglich ist, und das derjenige, der privat WLAN anbietet oder im Restaurant, im Hotel oder auf freien Plätzen sich sicher sein kann, dass er richtig handelt und nicht doch wieder in juristische Untiefen gerät.

Thüringen wolle beim freien Internzugang mit gutem Beispiel vorangehen.

Wir brauchen nicht WLAN überall, aber dort, wo viel Publikum unterwegs ist, zum Beispiel hier in Erfurt auf dem Fischmarkt, da sollte WLAN frei zugänglich sein. Da sind erhebliche Investitionen nötig, und der Freistaat, speziell auch mein Haus, stellt Gelder zur Verfügung, damit wir in einer engen Partnerschaft zwischen den privaten Anbietern und der öffentlichen Hand zu geeigneten Lösungen kommen.

Im eigenen Land stößt das auf Zustimmung: Auch die oppositionelle CDU hat bereits zugestimmt, Initiativen für mehr öffentliches Internet zu fördern.