Kommentar: Deutsche Gesetze machen E-Mails auch nicht sicherer

MDR INFO, 19.07.13
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Einmal im Jahr geht die Bundeskanzlerin schon fast traditionell vor die Presse, kurz bevor sie auf Urlaub fährt. Heute Morgen war es wieder soweit. Und im Mittelpunkt der Bundespressekonferenz standen Prism und NSA – also die us-amerikanische Spähaffäre.

„Auf deutschen Boden hat man sich an deutsches Recht zu halten.“ – mehrmals taucht dieser Satz bei Angela Merkel heute auf. Das durchzusetzen, darin sehe sie ihre Aufgabe als Bundeskanzlerin, sagt sie vor der Bundespressekonferenz. Ein deutlicher Hinweis in Richtung USA, die unter dem Verdacht stehen, Deutschlands E-Mail- und Internet-Verkehr ausgespäht zu haben. Das ist wichtig. Und offenbar auch ein deutlicher Hinweis an Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, den sie erst auf Nachfrage namentlich erwähnt. Er hatte nach seiner USA-Reise vor drei Tage noch festgestellt, alles sei rechtens und die deutschen Bürger sollten sich selbst um mehr Datensicherheit kümmern.
„Auf deutschen Boden hat man sich an deutsches Recht zu halten.“ – dieser Satz verdeutlicht  das Problem, was wir derzeit im Internet haben. Deutsches Recht alleine kann das Internet nicht regeln und E-Mails bleiben einfach nicht auf deutschen Boden.

Die digitale Post ist grundsätzlich anderes als die analoge Post, die Schnecken-Post.

Wenn ein Papier-Brief verschickt wird, ist er genau einmal vorhanden. Wenn er von Halle nach Hamburg transportiert wird, bleibt er auf deutschem Boden und ist am nächsten oder übernächsten Tag am Ziel.

Ganz anders bei der E-Mail: Sie besteht aus unzähligen digitalen Signalen, die über das weltweite Internet verschickt werden. Auf dem Weg von Halle nach Hamburg wird diese E-Mail eventuell auch einen Umweg über die USA machen, wo die Dienste wie Google, Apple, Microsoft und Facebook sitzen. Denn eigentlich ist es gar kein Umweg: Digitale Signale können weltweit quasi ohne Zeitverzögerung empfangen werden. Und sie könne zur selben Zeit an ganz unterschiedlichen Orten zugestellt werden.

Ein Beispiel: Wenn Sie etwas in Deutschland bei Facebook kommentieren, ist dieser Kommentar im selben Augenblick in Australien, in Afrika oder in den USA sichtbar. Das Internet kennt keine Grenzen und kaum Zeitunterschiede.

„Auf deutschen Boden hat man sich an deutsches Recht zu halten.“  Das Prinzip klingt in diesem Zusammenhang einfach – nennen wir es – analog. In der digitalen Welt funktioniert es nicht.

Umso wichtiger ist die jetzt von der Bundeskanzlerin angekündigte Initiative, den Datenschutz europäisch und weltweit zu regeln. Genau das wird gebraucht. Doch Frau Merkel ist bescheiden genug, meint, das dauert noch und deshalb sei eine Einigung zwischen Frankreich und Deutschland schon ein echt guter Schritt. Und noch schwieriger sei es, auch die Geheimdienste mit einzubinden.

Nur die digitale Welt ist viel schneller: Neue Supercomputer werden bald Passwörter in wenigen Stunden oder gar Minuten knacken. Dann stehen technisch alle Daten offen. Auch Regierungsdaten. Deshalb ist schnelles Handeln angesagt.  Das Ziel muss heißen „Weltweit gelten weltweite Datenschutzregelungen. Und weltweit werden sie immer wieder überprüft“.

(c) Michael Voß, www.michael-voss.de

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