IT-Sicherheitsexperten schlagen Alarm: Nachwuchsmangel schädigt deutsche Betriebe

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Ein Mangel an IT-Fachleuten bremst die Digitalisierung in vielen mittelständischen Unternehmen in Deutschland aus. Das ergibt eine aktuelle Studie der Unternehmensberater Ernst & Young. Jede fünfte Firma finde nicht genug Personal, um den Bereich auszubauen. Besonders hart trifft das auch IT-Sicherheitsunternehmen, die Cyberangriffe abwehren und Datenlecks schließen sollen. Sie schlagen Alarm. Für MDR Aktuell habe ich mich bei mehreren betroffenen Experten umgehört.

Das Magdeburger AV-Test-Institut prüft die unterschiedlichen digitalen Sicherheits- und Antivirenunternehmen. Maik Morgenstern ist der Technische Leiter des Instituts. Er kennt das Personalproblem nur zu gut.

Wenn wir jetzt wirklich konkret eine Stelle besetzen wollen, ist es fast unmöglich. Deswegen versuchen wir möglichst eine breite Basis aufzubauen an Praktikanten und Werksstudenten, aus denen wir dann immer wieder Kräfte für die Vollzeitstellen hochziehen.

Mit am Tisch sitzt Hans-Wilhelm Dünn, der Generalsekretär des Cyber-Sicherheitsrates Deutschland. Gerade bei den Studenten sieht er große Probleme.

Nichts gegen die ganzen tollen Unis, die wir haben. Aber die Leute, die da raus kommen und dann zu ihnen kommen, die werden erst einmal von ihnen zweieinhalb bis drei Jahre an die Hand genommen, bevor man die überhaupt zum Kunden lassen kann. Ich brauche nicht immer einen Abiturienten, der dann irgendwie – keine Ahnung – fünf Jahre auf der Uni hockte, sondern ich brauche jemanden, der interessiert ist, den ich vielleicht in besonderen Modulen ausbilden kann, damit er dann bei ihnen auch wirklich helfen kann.

Hans-Wilhelm Dünn will diese Fachleute schon in den Schulen suchen. Raspary Pi heißt das Zauberwort: Das ist ein kleiner Bausatz, mit dem man sich selbst einen Computer zusammenbasteln kann:

Gehen Sie mal ins Internet. Kostet – glaube ich – 38 Euro. Da baut man sich quasi selbst so einen Computer zusammen. Und wir haben das selber gemacht bei Schulen, wo man einfach mal in die Klasse geht und sagt: Kommt, wir bauen mal so etwas zusammen, in einer Woche und dann schaut man mal, was hängt da dran.

Dabei lassen sich Talente dann schon früher erkennen und weiter fördern. Auch der IT-Sicherheitsspezialist Marco Preuss von Kaspersky Lab fordert mehr Computer-Praxis in den Schulen:

Wenn ich jetzt höre, dass der Digital-Minister in Taiwan sagt, er möchte dazu hinkommen in den nächsten Jahren: Jedes Kind muss programmieten können. Nicht jeder ist danach Programmierer, aber einfach so, wie jeder eben Erdkunde, Chemie, Englisch und sowas in der Schule hat, um einfach dieses grundsätzliche Verständnis von allen zu haben, genau zu diesem Punkt müssen wir einfach hinkommen.

Doch es gibt noch eine ganz andere Gefahr und Konkurrenz, nämlich die, dass gute Experten auf die falsche Seite wechseln könnten. Marc Fliehe leitet die Stabstelle IT-Sicherheit beim TÜV:

Aus meiner Sicht müssen wir aufpassen, dass wir die Fachkräfte, die wir haben, auch auf die richtige Seite holen. Was meine ich damit? Cyberkriminalität ist leider ein sehr lohnendes Feld. Und wir müssen uns politisch Gedanken machen, wie wir dieses Feld für Kriminelle unattraktiver machen.

Was die Mehrzahl der Experten denkt, fasst Hans-Wilhelm Dünn, der Generalsekretär des Cyber-Sicherheitsrates Deutschland in einem Satz zusammen:

Dann müssen wir nicht nur Digitalministerien einführen, sondern wirklich auch Budgets freigeben.

Ohne Geld werde es keinen notwendigen Nachwuchs für die IT-Sicherheitsbranche geben. Aber ohne Nachwuchs wird es mehr erfolgreiche Cyberangriffe geben.