Bitterfeld-Wolfen: Datenschutz geht zur Schule

MDR INFO, 06.12.12
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In Bitterfeld setzt das Europagymnasium „Walter Rathenau“ auf eine neue Ausbildung im Datenschutz für alle Schüler. Das Projekt „Datenschutz geht in die Schule“ läuft zur Zeit in Zusammenarbeit mit dem Stadtwerken Bitterfeld-Wolfen.

Tatort: Internet, Tatumfeld: Schule, Tatvorgang: Cybermobbing – die üble Nachrede im Internet.  Florian Fiedler ist Schulsprecher am Europagymnasium Bitterfeld. Er hatte sich im sozialen Netzwerk „Schüler CC“ ein Profil angelegt und dann passierte es.

Zwei Tage später hat dann irgendjemand mit irgendeinem Bild, was er von mir hatte, so ein gleiches Profil, Fakeprofil nennt sich das, von mir erstellt und ist dann damit irgendwo im Internet rumgegangen. Das war natürlich extrem scheiße, um das mal so auszudrücken. Man kann nichts dagegen machen. Keiner weiß, wer ist jetzt der richtige und wer nicht.

Idenditätsklau wird so etwas auch genannt. Und davon kann seine Schulsprecherkollegin Ann-Christin Spikale ebenfalls erzählen.

Auch jemand in meinem Alter, der hat eigentlich nur ne abfällige Bemerkung über jemanden gemacht, und schon wurde ein Fakeprofil erstellt. Da wurde das Bild verunstaltet, auch irgendwelche Bemerkungen in diesem Internetprofil getätigt, die eigentlich nicht der Wahrheit entsprachen, das war schon ziemlich krass.

Noch schlimmer ist es, wenn Freunde untereinander ihre Passwörter für Facebook und Co. austauschen. Nach manch einer geplatzten Freundschaft wurde dann sogar das richtige Profil vom ehemaligen Freund geradezu gekapert und verändert.

Für Schulleiter Eckardt Appenrodt sind das ganz wichtige Probleme, die über die Schule hinaus weit in das private Umfeld seiner Schüler reinreichen. Doch für Schulen ist es mit Lehrplänen, die zehn Jahre alt sind, schwer, den Schülern hier etwas Neues beizubringen.

Die Hauptprobleme sind ganz einfach, dass wir einen technischen Fortschritt heute sehen bei Schülern, bei technischen Geräten, bei sozialen Netzwerken, die uns als Schulen eigentlich überfordern.

Deshalb läuft an seiner Schule jetzt ein dreiwöchiges Projekt. Alle Schüler, Lehrer und sogar viele Eltern am Europagymnasium werden durch einen Profi in Sachen „Datenschutz“ geschult. Möglich wurde dieses durch Hilfe von außen. Die  Stadtwerke Bitterfeld-Wolfen stellen ihren externen Datenschutzbeauftragten zur Verfügung. Seine Unterrichtstunde ist unterhaltsam, insbesondere, wenn er plötzlich Namen der Schüler aufruft, ihnen erzählt, wann sie Geburtstag haben, was sie am Vortag erlebten und mit wem sie noch so befreundet sind. Volltreffer.  All sein Wissen hat er aus Netzwerken. Für den Datenschützer Thomas Glauer ist es eine wichtige Aufgabe.

Also ich, wie auch manche meiner Kollegen, wir machen dieses Thema „Datenschutz geht in die Schule“, deswegen, weil wir der Meinung sind, das es wichtig. Das die Kinder schlicht und ergreifend informiert werden müssen, was für Risiken, aber auch was für Chancen das draußen im Internet und bei den Neuen Medien lauern.

Eine Privatinitiative, die im wahrsten Sinne des Wortes Schule macht. Bundesweit sind inzwischen 40 andere Datenschützer zum Teil in ihrer Freizeit in Schulen unterwegs.

(c) Michael Voß, www.michael-voss.de

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