Kommentar: Die neue Datenschutzgrundverordnung

SmartPad von Wacom (Foto: Michael Voß)
Zwei Jahre lang hat die Europäische Union an ihrer neuen Grundverordnung zum Datenschutz gearbeitet, heute tritt sie in Kraft. Datenmissbrauch großer Konzerne, wie beim Skandal um Facebook und Cambridge Analytica, soll dadurch erschwert werden. Ein Pro-und-Contra-Kommentar beleuchtete bei MDR Aktuell die neue Datenschutzgrundverordnung aus zwei Perspektiven. Europa-Korrespondent und Redakteur für digitale Themen – ich übernahm den 2. Teil des Kommentars.

„Es ist die Aufgabe des Staates, seine Bürger vor Risiken zu bewahren“ – da hat der Kollege, der gerade kommentierte, völlig Recht. Nur zu dieser Aufgabe gehört es auch, die Bürger über die Datenschutzgrundverordnung ausreichend zu informieren – und zwar so, dass jeder weiß, was gemeint ist. Nicht der Bürger arbeitet für den Staat, sondern der Staat für den Bürger. Und hier hat der Staat völlig versagt.

Mich erreichen täglich zahlreiche Mails von Firmen und Institutionen zu Änderungen des Datenschutzes. In einigen Fällen, reicht es dabei, wenn ich nicht reagiere. In anderen Fällen muss ich auf irgendeinen Link klicken, um den Informationsbrief auch künftig zu bekommen oder ihn abzubestellen. Und die dritte Variante: Ich muss mich vollständig neu registrieren. Alle berufen sich auf das gleiche Recht. Dort steht, die Information erfolge in „geeigneter Form“. Was die geeignete Form ist, legt jeder anders aus. Was für ein Wirrwarr! Und viele Fragen bleiben: Muss ich alle Personen auf einem Foto informieren, wie und wo ich es gespeichert habe? Brauche ich als Privatperson eine Datenschutzerklärung auf meiner Homepage?

Während sich der Staat sich zurückhält, erläutern ausgerechnet Facebook und Google schon seit vielen Monaten im Internet mit allen technischen Tricks ihre Datenschutzvorstellungen. Es sind Medien-Unternehmen, wie der Mitteldeutsche Rundfunk auf mdraktuell.de oder der Spiegel, die ausführliche Informationen zu den neuen Datenschutzregeln anbieten. Es sind Anwälte, die Online-Tools – kleine Programme – erstellt haben, die kostenfrei einen Text für die Internetseiten formulieren, damit Betriebe und Privat-Personen rechtlich abgesichert sind. Doch wo bleibt der Staat, der mich vor Risiken bewahren sollte?

Guter Datenschutz ist wichtig. Doch der geht nur, wenn alle verstehen, wie es funktioniert. Der Hinweis, der oft zu hören ist, es müssten erst Gerichte klären, wie die Datenschutzgrundverordnung auszulegen sei, ist die absolute Krönung. Wie kann es sein, dass ein Gesetz – gerade in Kraft getreten – erst durch Gerichte verständlich gemacht werden muss? Nicht die Betriebe oder Privatpersonen sind schuld an diesem Wirrwarr. Nein. Der Gesetzgeber. Unsere Europa- Abgeordneten zusammen mit der EU-Kommission hätte die Datenschutzgrundverordnung so formulieren müssen, dass sie eindeutig ist. Das aber ging voll daneben.