„Gut leben in Deutschland“ – die Bilanz des Bürgerdialogs der Bundesregierung

Vorbericht am Morgen
Bericht am Nachmittag

Fast war er in Vergessenheit geraten, der Bürgerdialog der Bundesregierung. Aber nur fast. Im April des letzten Jahres mit öffentlichen Dialogen zwischen der Bundesregierung und ihren Bürgern publikumswirksam gestartet, lief dann die nächste Phase des Dialogs über das Internet. Nun gibt es den Abschlussbericht, den das Bundeskabinett heute beschließen will. Mein erster Beitrag aus dem Hauptstadtstudio für die Hörfunksender von MDR, RBB, RB und SR.


Im April 2015 gab Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einem Augenzwinkern vor, was der Bürgerdialog bringen soll:

Das, was uns passt, nehmen wir sofort auf, nicht. Aber wenn uns mal was nicht passt, dann kommt die Stunde der Wahrheit.

Und diese Stunde der Wahrheit ist jetzt gekommen – 333 Seiten unter dem Titel „Gut leben in Deutschland – was uns wichtig ist“: Der Abschlussbericht des Bürgerdialogs liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor. Kritik gibt es demnach beispielsweise an der Gesundheitspolitik- Als ungerecht bewerten die Bürger die Trennung in private und gesetzliche Krankenversicherung. Problematisch seien die als sehr unterschiedlich empfundenen Wartezeiten auf Facharzttermine. Grundsätzlich seien die Bürger aber mit dem Gesundheitssystem zufrieden.

Das Thema „Frieden“ spielt ebenfalls eine Schlüsselrolle. Am häufigsten, so der Abschlussbericht, wird die Bewahrung des Friedens im eigenen Land, aber auch der Einsatz für Frieden in der Welt genannt.

Einbruch und Diebstahl – ebenfalls ein Thema: Mehr als 80 Prozent der Befragten geben allerdings an, sich nachts in ihrer Wohnumgebung eher sicher oder sehr sicher zu fühlen. Über 80 Prozent sind überhaupt nicht oder nur leicht beunruhigt, wenn es darum geht Opfer von Raub, Einbruch, Körperverletzung oder sexueller Belästigung werden zu können . Allerdings fürchten sich Frauen und ältere Menschen viel häufiger.

Am Rande des Abschlussberichtes wird auch bekannt, dass sich die Hasskriminaltität von 2014 auf 2015 um 77 Prozent gesteigert hat. Dabei handelt es sich um Straftaten, die sich etwa gegen politische Einstellungen, Nationalitäten, Hautfarben oder Religionen richten.

Fast 16.000 Einwohner beteiligten sich an diesem Bürgerdialog. Online, per Post oder auch direkt in Gesprächen mit Bundesministern. Jürgen Schupp vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hat den Bürgerdialog von Anfang an wissenschaftlich begleitet. Für ihn waren gerade die direkten Gespräche zwischen Regierungsvertretern und Bürgen wichtig.

Und das war der besondere Pfiff sozusagen dieses Formates, dass da niemand dominierte. Da war auch eine behinderte Dame, da waren Menschen mit Migrationshintergrund, da waren Familien, da waren Alleinerziehende, Stadt, Land, Nord, Ost – also es war wirklich eine bunte Collage.

Kritik an dieser Form des Bürgerdialogs kommt dagegen von der grünen Bundestagsabgeordnete Renate Künast:

Ich würde als erstes sagen, dass die Bundesregierung uns jetzt auch mal vorlegen muss, was sie aus diesen Forderungen und Erkenntnissen denn für Schlussfolgerungen zieht. Mein zweiter Punkt ist aber, dass ich gerne diese Art von Bürgerdialog überwinden möchte. Wir brauchen insgesamt mehr Transparenz, mehr Gespräch und die Bürgerinnen und Bürge müssen auch sehen, dass sie Einfluss haben auf politische Entscheidungen.

Die Bundesregierung veröffentlicht übrigens die Ergebnisse des Bürgerdialogs im Internet auf der Seite www.gut-leben-in-deutschland.de